Das Buch der verlorenen Dinge - märchenhaft schön und gruselig

Autor: John Connolly
Verlag List 2008, 330 Seiten

⭐⭐⭐⭐


"Geschichten...wurden lebendig durch das Erzählen. Ohne eine menschliche Stimme, die sie vorlas, oder ein Paar gebannt aufgerissene Augen, die sie beim Licht einer Taschenlampe unter der Bettdecke verfolgten, existierten sie im Grunde nicht in unserer Welt. ... Geschichten wollten gelesen werden, hatte seine Mutter ihm zugeflüstert. Sie brauchten es. Deshalb drängten sie sich aus ihrer Welt in unsere." (Seite 11)


"Diese Geschichten waren sehr alt, so alt wie Menschen, und sie hatten überlebt, weil sie sehr mächtig waren. Es waren Geschichten, die noch lange im Kopf widerhallten, nachdem man das Buch ...längst weggelegt hatte. ... Sie waren so alt und so seltsam, dass sie eine Art eigene Existenz entwickelt hatten, unabhängig von dem Papier, auf dem sie standen. Die Welt der alten Geschichten existierte parallel zu unserer...aber manchmal wurde die Wand, die beide voneinander trennte, so dünn und brüchig, dass die beiden Welten sich zu vermischen begannen." (Seite 18)

Diese Geschichte spielt in London zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Gerade ist die Mutter des 12-jährigen David nach schwerer Krankheit gestorben und es fällt ihm sehr schwer, dies zu akzeptieren. Als sein Vater eine neue Frau kennenlernt und diese schließlich ein Kind bekommt, ist David sehr eifersüchtig und kann sich immer weniger auf Rose einlassen, die ihm gern eine Mutter wäre.
Doch auf der anderen Seite des Gartens gibt es eine andere Welt und das Böse dort weiß von Davids Eifersucht und lockt ihn hinüber. Dort trifft David auf allerlei Figuren aus ihm bekannten Märchen und Legenden, doch die Wahrheit sieht ganz anders aus...
Auf dem Weg zum König des Landes, der "Das Buch der verlorenen Dinge" besitzt, stellt sich David dem Kampf gegen seine Alpträume, besiegt einige Monster und wächst schnell vom missgünstigem Kind zum vernünftigen jungen Mann heran.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen, bekannte Märchenmotive wurden gut eingearbeitet und so angepasst, dass zum Beispiel Rotkäppchen und Schneewittchen keineswegs die "Unschuld pur" sind - sehr gut 👸🐺 - eine gelungene Märchenadaption, wie ich finde. Einzig das Thema Kindesmissbrauch wurde mir etwas zu viel thematisiert.
Sollte es mir mal als illustrierte Fassung in die Hände fallen, darf es auf jeden Fall für immer bleiben.
Es bringt starke moralische Botschaften mit sich, in allen kleinen Geschichten, wie in der großen Handlung natürlich auch.

Aber Achtung! Auch wenn die Hauptfigur 12 Jahre alt ist und das Cover vielleicht den Anschein erweckt - es ist kein Kinderbuch. Ungerechtfertigt (wie ich finde) hat es einige schlechtere Rezensionen bekommen, weil die Leser etwas anderes erwartet haben. Also: es ist stellenweise blutig und gruselig und grausig! Das Böse in diesem Land kennt keine Gnade!

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