Sehr bewegend: Mut zur Liebe und vor allem auch zu sich selbst - 1957 und heute

 Mut. Machen. Liebe.

von Hansjörg Nessensohn

Ueberreuter, Juli 2021



Der Regenbogen war in den letzten Monaten immer gegenwärtig und so fiel mir auch das Cover gleich ins Auge. Neugierig hatte ich die Leseprobe angefangen zu lesen und war schon nach wenigen Zeilen vom Inhalt gebannt. 
Das Buch konnte mich dann auch rundherum überzeugen, es war spannend, bewegend, tiefgründig, traurig, erschreckend, sympathisch und humorvoll und enthielt so viele menschliche Wahrheiten.

Zunächst lernen wir Paul kennen, der nach enttäuschter Liebe und auf der Suche nach sich selbst durch Italien wandert. Er wirkt oft etwas selbstmitleidig, aber auch schlagfertig und energisch. Er setzt sich mit sich selbst auseinander, den Erwartungen anderer und schließlich seinen Träumen. 

"Die ganzen Rahmen in der eigenen kleinen Welt kommen ja noch dazu, die irgendwie immer mehr werden und in die man sich versucht reinzuquetschen, weil man sonst aus dem, äh, Rahmen fällt." (Paul, S. 63)

Er trifft die 80jährige Liz, die ihm die Geschichte von Helmut und Enzo erzählt und ihrer verbotenen Liebe 1957 in Köln. Es gibt einige Parallelen zwischen Paul und Helmut, doch zu Helmuts Zeit wurde die gleichgeschlechtliche Liebe durch §175 strafrechtlich verfolgt. Es galt als ansteckende Krankheit, als Perversion, als Mann sich zu einem Mann hingezogen zu fühlen. Wer ein "175er" war, wurde meist von allen abgelehnt, verlor die Arbeit, die Wohnung und viele begingen Selbstmord. So versteckten sie sich, liebten heimlich, immer in der Angst entdeckt und verraten zu werden. Sogar seine Mutter lehnt Helmut ab, nur mit Enzo kann er sein, wer er ist.
Darum geht es auch bei Paul. Wer bin ich? Was sind meine Träume (keine Pläne!)? Für was kämpfe ich und nicht gegen was? Für all das braucht es Mut, zu sich selbst zu stehen und dann auch für den anderen einzustehen. Gefühle zuzulassen.
Denn Weinen... "Ist wie Lachen, nur umgedreht." (Enzo, S.325)

Das Buch wurde zwar dem Genre Liebesroman zugeordnet, doch für mich geht es vor allem darum sich selbst zu finden und auch ein Stück weit deutsche Geschichte zu erleben. Das Nachwort "Zum Hintergrund dieser Geschichte" von Joachim Schulte informiert umfassend über den §175 und die Verfolgung gleichgeschlechtlicher Liebe.

Mut.Machen.Liebe. ist ein beeindruckendes Buch und nicht nur für Jugendliche sehr zu empfehlen!




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